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Virus, Politik und Kompetenzen

Virus, Politik und Kompetenzen

Meine Kolumne «Kantonsrat» in der Andelfinger Zeitung.

Virus, Politik und Kompetenzen

Die erste der bundesrätlichen Lockerungsmassnahmen ist auf kommenden Montag angesetzt und lässt uns etwas ratlos zurück.

Einmal mehr orientiert sich die Verwaltung nicht an allgemeinen Kriterien, sondern benennt im Detail, welche Geschäfte
wieder öffnen dürfen. Das ist sehr zu bedauern, denn wir brauchen kein behördliches Mikromanagement. Gelten müsste: Wer die Gesundheitsvorschriften – Hygiene und Abstand – einhält, kann sein Geschäft öffnen. Es ist nicht einzusehen, weshalb eine Buchhandlung, eine Kleiderboutique oder ein Schuhgeschäft geschlossen bleiben müssen. Hier können das Tropfenzählersystem der Grossverteiler, die Trennung der Kundenströme, das Handdesinfektionsmittel und die Masken für die Angestellten ohne Weiteres realisiert werden.

Die kantonale Verfassung sieht keine wirtschaftlichen und sozialen Notstandsmassnahmen durch Gemeindebehörden vor. Die Verordnung vom 13. März 2020 über Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 jedoch schon. Auch wenn die Verordnung befristet ist, ist sie heikel, da sie unmittelbar in die Demokratie der Gemeinden eingreift. Denn gestützt auf diese Verordnung können die Gemeindebehörden schnell und unbürokratisch verschiedene Massnahmen treffen, um Unternehmen und Selbständigerwerbende zu unterstützen.

Die demokratische Legitimation ist das eine, es geht aber auch darum, die Exekutivbehörden in dieser Si­tua­tion nicht mit Geschäften und Massnahmen zu belasten, die keinen Notstandcharakter haben. Unsere Behörden haben in dieser Krise bisher sowohl auf Bundes- als auch auf Kantons- und Gemeindeebene sehr gute und intensive Arbeit geleistet.

Es ist deshalb irritierend, wenn die Behörden in dieser Zeit auch noch mit Fragestellungen konfrontiert werden, die eigenverantwortlich oder mit Unterstützung von Branchenverbänden gelöst werden sollten. Beispielsweise wenn Vermieter und Mieter von Gewerbeliegenschaften, die sich ansonsten gerne und dezidiert auf die Handels-, Gewerbe- und Vertragsfreiheit berufen, den Bundesrat auffordern, Schiedsrichter zu spielen.

Der Regierungsrat hat in der Verordnung die Aufsicht durch die Bezirksräte konkretisiert. Die «Verordnung über die Funktionsfähigkeit der Gemeindeorgane während der Corona-Pandemie» wurde an der gestrigen Sitzung des Kantonsrates mit 121 Ja, 44 Nein und einer Enthaltung genehmigt. Sie erfüllt im Wesentlichen die Forderungen, die vom Kantonsrat gestellt wurden, indem sie das Versammlungsverbot für Gemeindeparlamente aufhebt und die Fristen an die Notstandsdauer des Bundes knüpft.

Dieser Regierungsratsbeschluss war nötig, weil im ersten Massnahmenpaket des Bundes die Selbständigerwerbenden durch alle Maschen fielen. Die Verletzung des Versicherungsprinzips muss aufgehoben werden: Entweder werden Selbständigerwerbende von der Beitragspflicht befreit oder sie erhalten künftig Arbeitslosengelder.

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