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Gute und schlechte Nachrichten beim Eigenmietwert

Gute und schlechte Nachrichten beim Eigenmietwert

Ein Bundesgerichtsurteil hat manchen Hauseigentümer aufgeschreckt. Das höchste Gericht hatte darüber zu befinden, ob die Härtefallklausel im Steuergesetz des Kantons Tessin rechtens sei. Dieses sah vor, dass der Eigenmietwert für Hausbesitzer mit prekärer Liquidität gesenkt werden kann. Das Bundesgericht befand – noch steht die Urteilsbegründung aus – Hausbesitzer seien keine Härtefälle. So generell kann das nicht stehen bleiben.

Das Urteil überrascht, hat doch das Bundesgericht in einem früheren Entscheid die Härtefallklausel beim Eigenmietwert als soziale Massnahme verteidigt. Das soll also nicht mehr gelten. Offenbar gehen die höchsten Richterinnen und Richter, und nicht nur sie, davon aus, dass alle Hauseigentümer per Definition reich sind. Dass auch die NZZ mit dem Kommentar «Enormes Anspruchsdenken auf der Wohlstandsinsel Schweiz» ins Horn derer stösst, die glauben, es gebe nur noch reiche Hausbesitzer in der reichen Schweiz, zeigt in erster Linie, dass manchen Wirtschaftsjournalisten der Bezug zu den realen wirtschaftlichen Verhältnissen fehlt. Wer in der Schweiz ein Eigenheim besitzt, hat vor allem eines: Hypothekarschulden. Sind diese im Alter abbezahlt oder mindestens deutlich reduziert, kompensiert der Schuldabzug den aufgerechneten Eigenmietwert bei den Steuern nicht mehr. Erschwerend kommt dazu, dass der Eigenmietwert oft zu einer höheren Steuerprogression führt.

 

Echte Belastung im Alter

Der HEV weist seit Jahren auf diesen Umstand hin, dass der Eigenmietwert für pensionierte Wohneigentümer eine echte Belastung sein kann. Leider hat eine Volksinitiative keine Gnade an der Urne gefunden, welche eine Erleichterung für Pensionierte vorsah. Das Problem besteht für Rentnerinnen und Rentner daher weiter. Knapp 50% der Wohneigentümer sind im Rentenalter. Die obligatorische berufliche Vorsorge (BVG) besteht erst seit 1985, dementsprechend verfügt ein beträchtlicher Anteil von Rentnerinnen und Rentner neben der AHV nur über eine bescheidene Rente aus dem BVG. Vorsorgen hiess für viele eigenverantwortlich sparen, um Wohneigentum erwerben zu können, ein Dach über dem Kopf im Alter zu haben.

 

Mein Wohneigentum – meine Altersvorsorge

Es ist an der Zeit, dass Behörden, Politiker und Gerichte endlich anerkennen, was selbstgenutztes Wohneigentum im Kern ist: Altersvorsorge. Wer mit der AHV nicht auskommt, hat Anrecht auf Ergänzungsleistungen. Analog dazu stellt sich die Frage: Warum soll jemand die Aufrechnung fiktiven Einkommens vollumfänglich versteuern müssen, wenn das seine Einkommenssituation nicht zulässt? Die Besteuerung bemisst sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ist sie reduziert, sind Steuererleichterungen das sozial und finanzpolitisch verträgliche Instrument.

 

Die Zürcher Regelung

Solange die Urteilsbegründung zum Tessiner Fall nicht vorliegt, ist es schwierig Schlüsse zu ziehen, ob und wie sich das Urteil auf die Härtefallregelung im Kanton Zürich auswirkt. Seit 1999 besteht eine entsprechende Weisung der Finanzdirektion. Das Steueramt gewährt einen Rabatt, wenn der Eigenmietwert einen Drittel des Einkommens, der zur Deckung der Lebenskosten zur Verfügung steht, übersteigt. In den Genuss dieser Regel kommt nur, wer nicht mehr als 600’000 Franken frei verfügbares Vermögen besitzt. Die vom Bundesgericht kassierte Tessiner Härtefallregelung besagt, dass bei einem steuerbaren Vermögen von weniger als 500 000 Franken der steuerbare Eigenmietwert höchstens 30 Prozent der Bareinkünfte betragen darf. Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass die Klage von zwei sozialdemokratischen Parlamentariern angestrengt wurde.

 

Nationalratskommission kippt Eigenmietwert

Es gibt aber auch gute Nachrichten in Sachen Eigenmietwert. Am 17. August hat die zuständige Nationalratskommission wie die ständerätliche Schwesterkommission beschlossen, den Eigenmietwert zu streichen. Fällt der Eigenmietwert, stimmt die leichtfertige Aussage, dass Eigenheimbesitzer keine Härtefälle sein können. Bis es so weit ist, kämpft der HEV für die Beibehaltung der entsprechenden Regelungen für einkommensschwache Hauseigentümer.

 

Martin Farner-Brandenberger

Präsident HEV Region Winterthur

Kantonsrat FDP

 

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