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Solaranlagen in geschützten Ortsbildern

Solaranlagen in geschützten Ortsbildern

Der Zürcher Kantonsrat hat den Regierungsrat beauftragt, eine Gesetzesgrundlage zum Umgang mit dem Bau von Solaranlagen in geschützten Ortsbildern auszuarbeiten. Die Motion von bürgerlichen Kantonsräten sieht vor, dass Gemeinden die Möglichkeit erhalten, in Ortsbildperimetern geeignete Objekte bzw. Dachflächen oder Fassaden zu bezeichnen, auf denen Solaranlagen grundsätzlich zulässig sind. Der Regierungsrat hat nun zwei Jahre Zeit für die Ausarbeitung einer Gesetzesvorlage.

Unvorhersehbare und übermässige Projektierungsrisiken für die Grundeigentümerschaft

Wenn Grundeigentümerschaften von Gebäuden in geschützten Ortsbildern Solaranlagen bauen wollen, sind sie heute erheblichen Risiken bei der Projektierung ausgesetzt. Es entscheidet sich erst im Bewilligungsverfahren, ob eine Solaranlage im Einzelfall und in der vorgesehenen Ausgestaltung realisierbar ist. Auch wenn eine Bewilligung erteilt wird, kann die Anlage noch in einem anschliessenden Rechtsmittelverfahren scheitern. Bis zu diesem Zeitpunkt fallen für die Grundeigentümerschaften bereits erhebliche Projektierungskosten und die entsprechenden Risiken an. Regelmässig besteht auch ein grosser Zeitdruck, weil durch Verzögerungen im Verfahren oder gar das Scheitern des Gesuchs Verträge mit Bauhandwerkern auf dem Spiel stehen. Um diesen Unsicherheiten entgegenzuwirken, haben bürgerliche Kantonsräte bereits im November 2020 die Motion eingereicht, die nun vom Kantonsrat an seiner Sitzung vom 30. Januar 2023 trotz ablehnendem Antrag der Regierung überwiesen wurde.

Angemessene Projektierungssicherheit für alle Beteiligten

Die oben genannten Projektierungsrisiken können nicht vollständig behoben werden. Im Rahmen des bundesrechtlich Zulässigen zielt die Motion aber immerhin darauf ab, eine angemessene und stufengerechte Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen. So wird die Bewilligungspflicht des konkreten Vorhabens gemäss geltender Bauverfahrensverordnung nicht in Frage gestellt. In einem ersten Schritt wird aber die generelle Eignung von bestimmten Dach- und Fassadenflächen auf Stufe Nutzungsplanung festgestellt; in diesem Verfahren sind auch die Rechte rekurslegitimierter Parteien gewahrt. Im Bewilligungsverfahren als zweitem Schritt steht dann nur noch zur Diskussion wie die einzelne Solaranlage im Detail auszugestalten ist – und eben nicht mehr, ob sie grundsätzlich überhaupt in Frage kommt; auch im Bewilligungsverfahren werden die Rechte von rekurslegitimierten Parteien nicht tangiert.

Schutz und Gestaltung unserer Dörfer und Talschaften

Ein positiver und erwähnenswerter Nebeneffekt dieses Planungsansatzes ist, dass das Thema Solaranlagen auf Gebäuden in kommunal und überkommunal geschützten Ortsbildern eine langfristige Perspektive erhält. So wird dieses frühzeitig analysiert und diskutiert, womit der Schutz und die Gestaltung unserer Dörfer und Talschaften auch bezüglich Solaranlagen eine über den Einzelfall hinaus greifende ganzheitliche Beurteilung erfährt. Die Motion sieht eine „Kann“-Vorschrift vor: Es bleibt der einzelnen Gemeinde überlassen, ob sie von der geschaffenen Möglichkeit Gebrauch machen will oder nicht.

Die Regierung muss jetzt Farbe bekennen

Baudirektor Martin Neukom (Grüne) sagte in der Ratsdebatte, die Energiewende sei zentral, diese Motion, die auf zehn Prozent der Dachflächen abziele, aber das falsche Instrument. Solarzellen in Kernzonen seien bereits heute zulässig, eine Einzelfallabwägung werde trotzdem nötig bleiben. Und mit einer Positivplanung mit Festlegung geeigneter Dächer habe vielleicht zur Folge, dass nicht bezeichnete Flächen gar nicht erst in Betracht gezogen würden. Er hat nun zwei Jahre Zeit, dem Rat ein Gesetz vorzulegen – und damit die Chance zu beweisen, dass Schutz und Gestaltung auch im Zusammenhang mit der Energiewende differenziert gehandhabt werden können. Ob und unter welchen Bedingungen die Einzelfallbeurteilung an Objekten, die im Nutzungsplan nicht als generell geeignet bezeichnet werden, bestehen bleibt, kann jetzt von den Spezialistinnen und Spezialisten der kantonalen Verwaltung in Zusammenarbeit mit den Gemeinden im bevorstehenden Gesetzgebungsprozess bestimmt werden.

 

Martin Farner-Brandenberger

Präsident HEV Region Winterthur

Kantonsrat FDP

 

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