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Energiekrise abgesagt?

Energiekrise abgesagt?

Der Gaspreis sinkt, die Stauseen sind gut gefüllt, abgesehen einigen wirklich kalten Tagen im Dezember scheint es ein milder Winter nach einem warmen Herbst zu werden. Die Gasspeicher in Europa und unsere Stauseen sind gut gefüllt, viele Kernkraftwerke in Frankreich sind wieder am Netz. Alles nur herbeigeredet? Keineswegs. Die Schweiz und Europa haben ein echtes Problem. Die Versorgungssicherheit mit Energie ist nicht gegeben.

Unsere moderne Gesellschaft ist angewiesen auf eine jederzeit funktionierende Energieversorgung. Dabei ist die Stromversorgung prioritär. Strom ist die Schlüsselenergie schlechthin, für alles, was wir in Bewegung setzen, braucht es den elektrischen Funken. Und Strom ist in der Anwendung die mit Abstand sauberste und klimafreundlichste Energieform. Daher setzt die Klimapolitik in der Mobilität auf Elektro, sei es im öffentlichen Verkehr, sei es im motorisierten Individualverkehr. Und genau hier zeigt sich der fatale Irrtum nicht nur der Schweizer, sondern insbesondere auch der deutschen Energiepolitik nach 2011.

Genügend Strom ist unverzichtbar

Die Energiestrategie 2050 in der Schweiz sah als wesentliches Element für die Versorgungssicherheit den Bau von Gasgrosskraftwerken vor, um die bestehenden Kernkraftwerke, die sukzessive vom Netz gehen sollen, zu ersetzen. Davon war im Vorfeld der Abstimmung von 2017 kaum die Rede und auch seither nicht. Die anvisierte Stromversorgungssicherheit der nächsten Jahrzehnte auf Gasbasis war – und ist – nicht kompatibel mit der Klimapolitik. Klima und Umweltschutz brauchen ebenso dringend sauber produzierten Strom wie die Wirtschaft.

Der Bundesrat setzte auf das Prinzip Hoffnung, dass auf jedem Dach in kurzer Zeit Solaranlagen entstehen würden und dass aus Frankreichs Kernkraftwerken im Winter genügend Strom würde importiert werden können.  Man legte Förderprogramm für Solaranlagen auf den Dächern Privater auf, der Bau von Solargrossanlagen in den Alpen wurde bislang nicht realisiert. Selbst der Ausbau der Wasserkraft kommt nur sehr langsam voran. Die 13 Projekte, welche im Kompromiss des Bundesrates gemeinsam mit den Naturschutzorganisationen identifiziert wurden, lösen das Strukturproblem nicht. Wir haben auf kurze und mittlere Frist zu wenig inländische Kapazität. Also Importe?

Winterstromversorgung dringend

Die Photovoltaik ist konkurrenzfähig geworden. Ein Makel aber ist geblieben. Es ist eine Früh- bis Spätsommerenergie. Unser Problem ist jedoch die Winterenergie. Den steigenden Bedarf an Kühlung im Sommer können wir mit Solarstrom decken, den Wärmebedarf im Winter, das Leben inhouse in der kalten Jahreszeit mit langen Nächten hingegen nicht. Ganz Europa steht vor dem gleichen Problem, dem klimafreundlichen Umbau der Energieversorgung. Wer auf Gas gesetzt hat wie Deutschland, das auf Kohle und Kernkraft verzichten will, ist aktuell genötigt, auf Kohle, Erdöl und Uran zurückzugreifen. In der Schweiz stehen wir ähnlich schlecht da. Auch wir haben bis 2050 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Die Kapazität von Mühleberg, das 2019 stillgelegt wurde, fehlt aktuell und insbesondere in den kommenden Jahren.

Energiekrise nicht zu Ende

In Birr stehen ab Februar für die nächsten 5 Jahre zum stolzen Preis einer halben Milliarde Franken 8 mobile Gasturbinen bereit, um den Spitzenbedarf decken zu können. Ob die getroffenen Massnahmen vom Energiesparen bis zur Wasserkraftreserve diesen Winter ausreichen, wird sich zeigen. Sicher ist, dass in den nächsten Wintern grössere Probleme anstehen. Die Importkapazität sinkt, denn ab 2025 stehen aus der EU nur noch 30 Prozent der gesamten Stromproduktion für Nicht-EU-Länder zur Verfügung. Versorgungssicherheit bedeutet Vorsorge, Vorsorge heisst Ausbau der Stromproduktion. Eine zukunftsweisende Stromversorgung kommt ohne möglichst CO2-freie Grossanlagen nicht aus. Die im Kanton Zürich aufgelegte Windkraftstrategie ist keine Lösung, sie bringt zu wenig Strom und zu viel Landschaftsverschandelung.

 

Martin Farner-Brandenberger

Präsident HEV Region Winterthur

Kantonsrat FDP

 

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