Dennoch lohnt es sich, das Urteil des Steuerrekursgerichtes genauer anzusehen. Bei einer Handänderung in der Stadt Zürich kam es zu einer Neubewertung. Diese sei gesetzeskonform, d.h. sie respektierte die Regel, wonach der Eigenmietwert nicht unter 70% des Verkehrswertes liegen dürfe. Dennoch hiess es den Rekurs des Steuerpflichtigen gut, denn es gibt ein noch höheres Rechtsgut: die Gleichbehandlung. Mit anderen Worten, entweder werden die Vermögenssteuerwerte bei allen Liegenschafteneigentümerinnen und -eigentümern, für die keine Anpassung der Vermögenssteuerwerte seit der letzten allgemeinen Neubewertung stattgefunden hat, angehoben oder für niemanden.
Steueramt unterliegt
Das hielt auch das Verwaltungsgericht fest. Die Neubewertung einer Liegenschaft ohne Neubewertungsgrund führt zu einer nicht hinzunehmenden Ungleichbehandlung des Steuerpflichtigen. Man darf sich füglich fragen, weshalb es durch das Steueramt des Kantons dennoch zu Neubewertungen kommt, obwohl weder eine Handänderung noch ein wertsteigernder Um- oder Ausbau vorliegen. Zudem sind einige Fälle bekannt geworden, bei welchen die Flächen von Grundstücken, die zum Teil in einer Freihalte- oder Grünzone liegen, als Bauland bewertet wurden. Das sind Missstände, welchen seitens der Finanzdirektion und der Geschäftsprüfungskommission hohe Aufmerksamkeit zu kommen sollte.
Keine rückwärtsgerichteten Neubewertungen
Der Rekurrent hatte 2018 sein Miteigentum verkauft. Die Einschätzung der Staats- und Gemeindesteuern für die Steuerperiode 2017 war noch offen. Das kantonale Steueramt hat für diese Steuerperiode den Vermögenssteuerwert des Miteigentumsanteils auf 70% des Verkaufserlöses festgelegt. Es begründete dies mit der Handänderung. Das war unzulässig:
Der Entscheid des Steuerrekursgerichtes bedeutet, dass sich eine ausserordentliche
Neubewertung infolge eines Verkaufs nur auf künftige, nicht aber auf vorgängige Steuerperioden auswirkt.
Argumentationswechsel?
In der Kritik steht auch der Umstand, dass die letzte Festsetzung des Vermögenssteuerwertes 12 Jahre zurückliegt. Das ist nicht aussergewöhnlich. Im Kanton Bern fusst sie auf dem Jahr 1999. Es liegt in der Kompetenz des Regierungsrates einen Wechsel zu beschliessen. Das Steuergesetz gibt keinen festen zeitlichen Rhythmus vor, nach dem eine Anpassung zu erfolgen hat.
Bisher hat der Regierungsrat argumentiert, man wolle mit einer allgemeinen Neubewertung zuwarten, solange die Abschaffung des Eigenmietwertes für selbstbewohntes Wohneigentum ernsthaft zur Debatte stehe. Auch wenn sich die Beratung der Initiative des HEV seit 4 Jahren hinzieht, kann und soll nicht daraus geschlossen werden, das Thema sei nicht mehr aktuell. Ganz im Gegenteil. Die Wirtschaftskommission des Ständerats befasst sich aktuell damit.
Berechnungsgrundlagen
Die Wohnpreisentwicklung im Kanton ist sehr unterschiedlich. Es bedarf daher einer umfassenden und sorgfältigen Untersuchung, wie sich der Immobilienmarkt entwickelt hat. Ein Rundumschlag aufgrund von statistischen Durchschnittswerten, wie in sich die AL vorstellt, ist nicht sachgerecht. Zudem sind die aktuellen und kurzfristigen Schwankungen keine Grundlage für eine faire Neubewertung. Ausserdem muss die Altersentwertung der Liegenschaften unbedingt berücksichtigt werden.
Fazit
Es besteht keine Eile, die Vermögenssteuerwerte neu festzulegen, insbesondere wenn die dahinterliegende Motivation darin besteht, Wohneigentümer weiter zu schröpfen und in der Hoffnung, dass die Doppelbesteuerung selbstbewohnten Wohneigentums für alle Ewigkeit weiterbesteht.
Martin Farner-Brandenberger
Präsident HEV Region Winterthur
Kantonsrat FDP